Veröffentlicht am März 11, 2024

Frankfurt wird oft auf seine sterile Skyline reduziert, doch die Straßenbahn enthüllt den wahren, vielfältigen Charakter der Stadt.

  • Die Tram ist kein reines Transportmittel, sondern ein „rollendes Fenster“, das Sightseeing in ein filmisches Erlebnis verwandelt.
  • Oberirdische Fahrten ermöglichen einen bewussten Perspektivwechsel und die Beobachtung des authentischen urbanen Lebens.

Empfehlung: Nutzen Sie die Tram nicht nur zur Fortbewegung, sondern planen Sie sie als zentralen Bestandteil Ihrer Stadterkundung ein, um Frankfurt entschleunigt und visuell intensiv zu entdecken.

Wer an Frankfurt denkt, hat meist sofort die glitzernde Skyline des Bankenviertels vor Augen. Hoch, modern, geschäftig – ein Bild, das stimmt, aber nur einen Bruchteil der Geschichte erzählt. Abseits der Wolkenkratzer verbirgt sich eine Stadt voller Kontraste, mit gemütlichen Vierteln, historischen Ecken und pulsierendem Leben. Doch wie entdeckt man diese verborgene Seele Frankfurts am besten? Viele Besucher arbeiten eine Liste von Sehenswürdigkeiten ab, hetzen von der U-Bahn-Station zum Fotomotiv und wieder zurück in den Untergrund. Sie sehen die Highlights, aber spüren sie auch die Stadt?

Hier kommt ein oft unterschätzter Held der urbanen Erkundung ins Spiel: die Straßenbahn. Was wäre, wenn der Schlüssel zu einem authentischen Frankfurt-Erlebnis nicht darin liegt, möglichst schnell von A nach B zu kommen, sondern darin, die Reise selbst zum Ziel zu machen? Dieser Guide verfolgt genau diesen Ansatz. Wir betrachten die Tram nicht als bloßes Verkehrsmittel, sondern als rollendes Fenster zur Stadt. Eine mobile Beobachtungskanzel, die es Ihnen ermöglicht, die urbane Choreografie Frankfurts in Echtzeit zu erleben, Stadtteile bewusst wahrzunehmen und die faszinierenden Übergänge zwischen Alt und Neu, zwischen Hektik und Ruhe zu beobachten.

Wir werden entdecken, welche Linien die besten filmischen Ausblicke bieten, wie Sie eine perfekte, zweistündige Rundfahrt planen und warum die bewusste Entscheidung für die Tram anstelle der U-Bahn Ihr gesamtes Stadterlebnis verändern kann. Steigen Sie ein und bereiten Sie sich auf einen Perspektivwechsel vor, der Frankfurt in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt.

Für Liebhaber historischer Modelle bietet das folgende Video einen charmanten Einblick in den legendären Ebbelwei-Express, eine Miniaturwelt, die die Nostalgie der Frankfurter Straßenbahngeschichte perfekt einfängt und eine wunderbare Ergänzung zu den realen Erlebnissen in diesem Guide darstellt.

Dieser Artikel führt Sie systematisch durch die Kunst der Stadterkundung per Tram. Von der Auswahl der malerischsten Routen über die strategische Planung bis hin zur Beobachtung des städtischen Pulsschlags – hier finden Sie alles, um Ihre nächste Frankfurt-Reise zu einem unvergesslichen, entschleunigten Erlebnis zu machen.

Welche 3 Tramlinien bieten die schönsten Ausblicke auf Architektur und Grünflächen?

Nicht jede Tramlinie ist gleich. Einige sind reine Zubringer, andere entpuppen sich als wahre Panoramarouten durch das Herz der Stadt. Um das meiste aus Ihrem „Stadtkino“-Erlebnis herauszuholen, sollten Sie sich auf jene Linien konzentrieren, die bewusst Kontraste inszenieren und abwechslungsreiche Szenerien bieten. Drei Linien stechen hierbei besonders hervor und bieten eine perfekte Mischung aus urbaner Architektur, historischen Fassaden und unerwarteten grünen Oasen.

An erster Stelle steht die Linie 12. Sie ist die Königin der Kontraste. Auf ihrer fast 18 Kilometer langen Reise von Fechenheim nach Schwanheim durchquert sie die Stadt einmal komplett und zeigt dabei all ihre Facetten. Wie eine detaillierte Beschreibung der Stadtrundfahrt mit Linie 12 zeigt, dauert die Fahrt rund 60 Minuten und führt vom industriell geprägten Osten in den idyllisch-grünen Westen. Der Höhepunkt ist die Überquerung der Friedensbrücke, bei der sich die Frankfurter Skyline majestätisch aufbaut – ein absolutes Muss für jeden Besucher. Ein Tipp für Fotografen: Wählen Sie hier einen Sitzplatz auf der linken Seite für die beste Sicht.

Die Linie 11 teilt sich einen Großteil der Innenstadtstrecke mit der Linie 12 und ist somit eine exzellente Alternative. Sie führt ebenfalls am Römer und der Paulskirche vorbei und bietet großartige Blicke auf das historische Zentrum. Ihre besondere Stärke liegt in der Verbindung zum aufstrebenden Ostend mit dem imposanten Bau der Europäischen Zentralbank (EZB).

Für Liebhaber von Grünflächen ist die Linie 21 eine Offenbarung. Sie fährt vom Hauptbahnhof aus südwärts und endet direkt am Rande des weitläufigen Stadtwaldes. Die Fahrt dorthin führt durch das belebte Sachsenhausen und bietet auf den letzten Kilometern eine zunehmend ruhigere, fast ländliche Atmosphäre. Es ist die perfekte Linie, um dem städtischen Trubel für eine Weile zu entfliehen, ohne die Stadt wirklich verlassen zu müssen.

Wie plant man eine 2-stündige Tram-Rundfahrt die verschiedene Viertel zeigt?

Eine spontane Fahrt ist reizvoll, doch eine durchdachte, etwa zweistündige Rundfahrt kann Ihr Erlebnis maximieren und Ihnen einen umfassenden Überblick über die Vielfalt der Stadt verschaffen. Der Trick liegt darin, verschiedene Linien clever zu kombinieren, um eine thematische Route zu erstellen. Anstatt nur eine Linie abzufahren, nutzen Sie zentrale Umsteigepunkte wie den Hauptbahnhof, den Willy-Brandt-Platz oder die Konstablerwache, um von einer „Geschichte“ in die nächste zu wechseln.

Ein guter Startpunkt ist der Erwerb eines RMV-Tagestickets. Damit können Sie unbegrenzt alle Straßenbahnen (und andere öffentliche Verkehrsmittel) in Frankfurt nutzen und sind für spontane Stopps und Umstiege flexibel. So können Sie aussteigen, wenn Ihnen ein Viertel besonders gut gefällt, einen Kaffee trinken und einfach in die nächste Bahn steigen.

Für die Routenplanung selbst können Sie sich an bewährten thematischen Touren orientieren. Die Kombination verschiedener Linien erlaubt es, gezielt Schwerpunkte wie Architektur, Kultur oder städtische Kontraste zu setzen. Eine Analyse verschiedener kultureller Stadtrundfahrten per Tram bietet eine hervorragende Inspirationsquelle für Ihre eigene Planung.

Thematische Tram-Routen durch Frankfurt
Route Linien Dauer Highlights
Architektur-Tour 11, 12, 14 120 Min Römer, Paulskirche, Hauptbahnhof, Bankenviertel
Kontraste-Tour 12 70 Min Fechenheim (Industrie) bis Schwanheim (Grün)
Kultur-Route 11, 14, 21 90 Min Museen, Alte Oper, Uni-Campus

Eine beispielhafte 2-Stunden-Tour könnte so aussehen: Starten Sie mit der Linie 11 am Hauptbahnhof Richtung Fechenheim. Erleben Sie die Fahrt durch die Innenstadt und das Ostend bis zur EZB. Steigen Sie dort aus, um die moderne Architektur zu bestaunen. Nehmen Sie dann die Linie 11 zurück bis zur Konstablerwache, wechseln Sie in die Linie 12 Richtung Schwanheim, fahren Sie über die Friedensbrücke mit dem berühmten Skyline-Blick und durchqueren Sie das westliche Sachsenhausen. So haben Sie in kurzer Zeit eine enorme Bandbreite an Eindrücken gesammelt.

Bei welchen Strecken sollte man bewusst Tram statt U-Bahn wählen für besseres Erlebnis?

Die U-Bahn ist schnell und effizient. Sie bringt Sie in Rekordzeit von A nach B. Doch sie hat einen entscheidenden Nachteil: Man sieht nichts. Die Fahrt findet in einem Tunnel statt, losgelöst vom urbanen Leben an der Oberfläche. Die bewusste Entscheidung für die langsamere Straßenbahn ist daher keine Frage der Effizienz, sondern des Erlebniswertes. Es ist ein Votum für den Perspektivwechsel und die visuelle Teilhabe am Stadtgeschehen.

Ein klassisches Beispiel ist die Strecke vom Hauptbahnhof zum Zoo. Mit der U-Bahn (U6/U7) sind Sie in nur 6 Minuten dort – praktisch, aber ereignislos. Wählen Sie stattdessen die Tram-Linie 11, dauert die Fahrt zwar 15 Minuten, doch diese Viertelstunde ist prall gefüllt mit Eindrücken. Die Bahn schlängelt sich durch das Herz der Stadt, vorbei am Willy-Brandt-Platz mit der imposanten Oper, passiert den Römer und die Paulskirche und lässt Sie die Atmosphäre der Innenstadt aufsaugen. Jeder Meter ist eine neue Szene in Ihrem persönlichen Frankfurt-Film.

Dieser Mehrwert des oberirdischen Erlebens ist nicht nur eine romantische Vorstellung von Slow Travel, sondern ein anerkannter Faktor der Stadtentwicklung. Wie die ehemalige Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth bei einer Linieneröffnung treffend bemerkte:

Die Straßenbahn führt ein Stück Urbanität in das Herz der Stadt zurück

– Petra Roth, Oberbürgermeisterin Frankfurt, Eröffnung Linie 12

Diese Rückführung von Urbanität ist genau das, was Sie erleben. Anstatt die Stadt unterirdisch zu durchqueren, werden Sie Teil von ihr. Sie sehen die Menschen an den Haltestellen, die Architektur, die sich von Viertel zu Viertel wandelt, und die kleinen, alltäglichen Szenen, die das Wesen einer Stadt ausmachen. Die Tram ist daher immer dann die bessere Wahl, wenn nicht die Ankunftszeit, sondern die Reise selbst im Vordergrund stehen soll – insbesondere bei Strecken durch die Innenstadt, entlang des Mains oder durch verschiedene Wohnquartiere.

Wann fahren nostalgische Straßenbahnen aus den 1950ern für Touristen in Frankfurt?

Für alle, die nicht nur die Stadt, sondern auch ein Stück Verkehrsgeschichte erleben möchten, bietet Frankfurt eine ganz besondere Attraktion: den Ebbelwei-Express. Diese bunte, fröhliche Straßenbahn ist eine fahrende Institution und nutzt historische K-Wagen, die ursprünglich aus den Jahren 1949 bis 1954 stammen. Mit nur 22 Sitzplätzen pro Wagen bietet sie eine intime und gesellige Atmosphäre, die weit über eine normale Tramfahrt hinausgeht.

Die gute Nachricht für Touristen: Der Ebbelwei-Express verkehrt regelmäßig. Laut den offiziellen Informationen der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) fährt die historische Bahn an Wochenenden und Feiertagen. Die einstündige Rundfahrt führt an vielen wichtigen Sehenswürdigkeiten wie dem Zoo, dem Römer und dem Museumsufer vorbei. Im Fahrpreis von 8 Euro sind typischerweise eine Flasche Apfelwein (oder Apfelsaft) und eine Tüte Brezeln enthalten, was die Fahrt zu einem urig-hessischen Erlebnis macht.

Erlebnis Ebbelwei-Express: Eine rollende Apfelweinkneipe

Die Fahrt mit dem Ebbelwei-Express ist weniger eine Sightseeing-Tour als vielmehr ein geselliges Beisammensein auf Schienen. Aus den Lautsprechern tönen hessische Schlager, während draußen die Stadt vorbeizieht. Die historischen Wagen mit ihren Holzbänken und dem charakteristischen Rattern versetzen die Fahrgäste sofort in eine andere Zeit. Es ist eine laute, fröhliche und absolut einzigartige Art, Frankfurts bekannteste Orte zu sehen und dabei die lokale Kultur hautnah zu erleben.

Neben dem Ebbelwei-Express gibt es für eingefleischte Nostalgie-Fans weitere Gelegenheiten, historische Fahrzeuge zu erleben. Der Verein Historische Straßenbahn der Stadt Frankfurt am Main (HSF) e. V. organisiert regelmäßig Sonderfahrten mit liebevoll restaurierten Fahrzeugen aus verschiedenen Epochen. Zu besonderen Anlässen wie der „Nacht der Museen“ oder dem „Wäldchestag“ werden diese historischen Wagen sogar im regulären Linienbetrieb eingesetzt und bieten ein unerwartetes Highlight für zufällige Fahrgäste. Es ist auch möglich, eine historische Bahn für private Gruppenfahrten anzumieten.

Vormittags um 10 Uhr oder nachmittags um 16 Uhr: Wann findet man garantiert Sitzplätze?

Ein Fensterplatz ist für das „Stadtkino“-Erlebnis unerlässlich. Doch in einer geschäftigen Metropole wie Frankfurt kann eine volle Bahn die Freude am Beobachten schnell trüben. Die Wahl des richtigen Zeitpunkts ist daher entscheidend, um die Fahrt entspannt genießen zu können. Generell gilt die einfache Regel: Vermeiden Sie die Stoßzeiten des Berufsverkehrs, also morgens zwischen 7 und 9 Uhr und nachmittags zwischen 17 und 19 Uhr.

Der späte Vormittag gegen 10 Uhr ist oft der ideale Zeitpunkt für eine Stadterkundung per Tram. Der morgendliche Ansturm zur Arbeit ist vorbei, und die Bahnen sind spürbar leerer. Sie haben eine gute Chance, einen der begehrten Fensterplätze zu ergattern und die vorbeiziehende Stadt in Ruhe auf sich wirken zu lassen. Das Licht ist zudem oft klar und gut für Fotos geeignet. An den Endhaltestellen findet man zu dieser Zeit oft fast leere Wagen vor, die auf ihre nächste Reise warten.

Leere Straßenbahn an der Endhaltestelle im morgendlichen Sonnenlicht

Der frühe Nachmittag um 16 Uhr kann bereits wieder kritischer werden. Zwar hat der abendliche Feierabendverkehr noch nicht seinen Höhepunkt erreicht, doch die Bahnen füllen sich bereits merklich mit Pendlern, die früher Feierabend machen, und mit Menschen auf dem Weg zu ihren Nachmittagsterminen. Ein erfahrener Tramfahrer bestätigt diese Beobachtung: „Ab der Friedensbrücke kann es schon ganz schön nervig werden. Aber so richtig konzentrieren muss man sich am Hauptbahnhof in der Münchener Straße.“ Gerade auf den zentralen Abschnitten der Linien 11 und 12, die täglich über 100 Fahrten zwischen Schwanheim und Fechenheim absolvieren, wird es dann schnell voll.

Die beste Strategie für garantierte Sitzplätze ist also, antizyklisch zu fahren. Beginnen Sie Ihre Tour am späten Vormittag oder, als Alternative, erst nach 19 Uhr am Abend, wenn die Stadt in Lichter getaucht ist und ein ganz anderes, ebenfalls faszinierendes Schauspiel bietet. Fahrten am Wochenende sind tagsüber oft durchgehend voller als unter der Woche, da dann auch viele Einheimische zum Einkaufen oder für Ausflüge unterwegs sind.

Wie gestaltet man einen ausgewogenen Frankfurt-Tag zwischen Moderne und Tradition?

Frankfurts Faszination liegt in seinen Gegensätzen. Auf der einen Seite die hypermoderne Welt der Finanzen, symbolisiert durch die gläsernen Türme des Bankenviertels und die EZB. Auf der anderen Seite die „Gemütlichkeit“ von Alt-Sachsenhausen, die geschäftige Tradition der Kleinmarkthalle und die historischen Fassaden am Römerberg. Die Straßenbahn ist das perfekte Bindeglied, um diese beiden Welten an einem einzigen, ausgewogenen Tag zu einem harmonischen Erlebnis zu verknüpfen.

Ein idealer Tag beginnt im Herzen der Tradition. Starten Sie Ihre Tour am Römerberg (erreichbar mit den Linien 11 und 12). Nehmen Sie sich Zeit, das historische Zentrum zu Fuß zu erkunden, bevor Sie in die Tram steigen. Von dort aus bietet sich eine Fahrt mit der Linie 11 Richtung Osten an. Diese Route ist eine Reise durch die Zeit: Sie verlassen das mittelalterlich anmutende Zentrum und fahren direkt auf das futuristische Ensemble der Europäischen Zentralbank zu. Der Kontrast könnte nicht größer sein und wird Ihnen aus dem Tramfenster eindrücklich präsentiert.

Straßenbahnhaltestelle mit verschiedenen Frankfurter Stadtvierteln im Hintergrund

Nachdem Sie die moderne Architektur des Ostends auf sich haben wirken lassen, fahren Sie mit der Tram zurück in Richtung Innenstadt. Steigen Sie an der Konstablerwache aus, um die Kleinmarkthalle zu besuchen – ein Fest für die Sinne und ein Inbegriff Frankfurter Esskultur. Hier können Sie sich für den Rest des Tages stärken. Anschließend überqueren Sie den Main, entweder zu Fuß über den Eisernen Steg oder mit einer der Tramlinien, die nach Sachsenhausen führen (z. B. Linie 14 oder 18). Der Nachmittag gehört dann dem Erkunden der Apfelweinkneipen und kleinen Läden in Alt-Sachsenhausen, dem traditionellen Vergnügungsviertel der Stadt.

Diese Route, die bewusst mit den Kontrasten spielt, verwandelt einen einfachen Sightseeing-Tag in eine narrative Reise. Die Tram fungiert dabei als roter Faden, der die scheinbar unverbundenen Pole von Moderne und Tradition elegant miteinander verwebt und die vielschichtige Identität Frankfurts erlebbar macht.

Wann ist Sachsenhausen lebendig und wann wirkt das Bankenviertel wie ausgestorben?

Die Straßenbahn ist nicht nur ein Fortbewegungsmittel, sie ist auch ein Barometer für den Puls der Stadt. Aus dem Fenster lässt sich die „urbane Choreografie“ perfekt beobachten: die unterschiedlichen Rhythmen und Stimmungen der einzelnen Viertel zu verschiedenen Tages- und Wochenzeiten. Nirgendwo wird dieser Kontrast deutlicher als bei einer Fahrt, die das quirlige Sachsenhausen mit dem oft stillen Bankenviertel verbindet.

Sachsenhausen, besonders der südliche Teil entlang des Mainufers und die Gegend um die Schweizer Straße, erwacht am Wochenende und an späten Nachmittagen zum Leben. Fährt man an einem Samstagnachmittag mit der Linie 16 durch diesen Stadtteil, blickt man auf volle Straßencafés, geschäftige Märkte und flanierende Menschen. Es ist ein Bild purer Lebensfreude und urbaner Geselligkeit. Am Museumsuferfest (meist am letzten Augustwochenende) erreicht diese Lebendigkeit ihren Höhepunkt, wenn die Linien 15, 16 und 18 Tag und Nacht durch ein pulsierendes Festgebiet fahren.

Im krassen Gegensatz dazu steht das Bankenviertel. Während es an Werktagen zwischen 8 und 18 Uhr vor Anzugträgern und geschäftigem Treiben nur so wimmelt, verwandelt es sich nach Feierabend und insbesondere am Wochenende in eine fast surreale, menschenleere Kulisse. Eine Fahrt mit der Linie 12 durch das Bankenviertel an einem Sonntagmorgen ist ein faszinierendes Erlebnis: Die imposanten Hochhäuser ragen in den Himmel, doch die Straßen und Plätze sind wie ausgestorben. Dies ist die perfekte Zeit für Architekturfotografen, die die beeindruckenden Strukturen ohne störende Menschenmassen einfangen möchten.

Eine kurze, aber lohnenswerte Ausnahme von der Ruhe im Bankenviertel ist die „After-Work“-Zeit an Werktagen zwischen 17 und 19 Uhr rund um den Willy-Brandt-Platz, wenn sich die Bars und Restaurants für kurze Zeit mit Leben füllen.

Ihr Fahrplan zur Beobachtung des Stadtlebens

  1. Sachsenhausen (lebendig): Planen Sie Ihre Fahrt durch Sachsenhausen (Linie 16) für einen Samstagnachmittag zwischen 14 und 18 Uhr, um Märkte und Cafés in vollem Betrieb zu erleben.
  2. Bankenviertel (After-Work): Fahren Sie werktags zwischen 17 und 19 Uhr am Willy-Brandt-Platz (Linien 11, 12, 14) vorbei, um die kurze, intensive Feierabendstimmung einzufangen.
  3. Bankenviertel (still): Wählen Sie einen Sonntagmorgen für eine Fahrt durch das Bankenviertel, um die beeindruckende Architektur in fast völliger Ruhe zu fotografieren.
  4. Museumsuferfest: Überprüfen Sie die Termine des Fests und nutzen Sie die Linien 15, 16 oder 18 für eine Fahrt durch das nächtlich pulsierende Sachsenhausen.
  5. Kontrast-Check: Kombinieren Sie eine Fahrt durch beide Viertel an einem Samstagnachmittag, um den extremen Gegensatz der urbanen Rhythmen direkt hintereinander zu erleben.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Tram ist ein „Stadtkino“, das die passive Fortbewegung in ein aktives, visuelles Erlebnis des urbanen Lebens verwandelt.
  • Spezifische Linien wie die 12 (Kontraste), 11 (Innenstadt) und 21 (Grünflächen) bieten einzigartige, narrative Reisen durch die Stadt.
  • Bewusste Planung von Route und Zeit (Vermeidung von Stoßzeiten) ist der Schlüssel, um das volle, entschleunigte Potenzial der Straßenbahn auszuschöpfen.

Wie erschließt man Frankfurt am effizientesten mit der U-Bahn?

Bei aller Liebe zur entschleunigten Entdeckung mit der Straßenbahn gibt es Momente, in denen Effizienz und Geschwindigkeit im Vordergrund stehen. Hier spielt die U-Bahn ihre unbestreitbaren Stärken aus. Sie ist das Rückgrat des schnellen Pendlerverkehrs und die beste Wahl, wenn es darum geht, große Distanzen schnell und ohne verkehrsbedingte Verzögerungen zu überbrücken. Jährlich nutzen weit über 180 Millionen Fahrgäste die U-Bahnen und Straßenbahnen der VGF, was die Bedeutung beider Systeme für die Stadt unterstreicht.

Die U-Bahn ist dann die richtige Wahl, wenn Ihr Ziel außerhalb des engeren Innenstadtbereichs liegt oder wenn Sie einen festen Termin haben. Typische Anwendungsfälle sind die Fahrt zur Messe, zum Flughafen (wobei hier die S-Bahn die direkteste Verbindung ist) oder in weiter entfernte Stadtteile, die nicht von der Tram angefahren werden. Dank ihrer hohen Taktung von oft nur 5 bis 10 Minuten und der Unabhängigkeit vom Straßenverkehr ist sie extrem zuverlässig.

Die Anerkennung der Effizienz der U-Bahn schmälert den Wert der Straßenbahn jedoch nicht – im Gegenteil, sie schärft ihr Profil. Die beiden Systeme sind keine Konkurrenten, sondern ergänzen sich perfekt. Sie bedienen unterschiedliche Bedürfnisse: Geschwindigkeit versus Erlebnis. Die folgende Gegenüberstellung verdeutlicht die unterschiedlichen Stärken.

U-Bahn vs. Straßenbahn: Effizienz und Erlebnis
Kriterium U-Bahn Straßenbahn
Geschwindigkeit Schneller (unterirdisch) Langsamer (oberirdisch)
Erlebniswert Gering (Tunnel) Hoch (Stadtansichten)
Beste Nutzung Messe, weite Strecken, feste Termine Innenstadt, Sightseeing, Viertel-Hopping
Taktung 5-10 Minuten 5-15 Minuten

Indem Sie die U-Bahn für die schnellen, langen Wege nutzen, schaffen Sie sich mehr Zeit und Muße für die eigentliche Entdeckung der Zielgebiete – die Sie dann idealerweise mit der Straßenbahn oder zu Fuß vornehmen. Die effiziente Nutzung der U-Bahn ist somit kein Verrat am Slow-Travel-Gedanken, sondern eine kluge strategische Ergänzung, die es Ihnen ermöglicht, Ihre wertvolle Zeit für die wirklich sehenswerten Strecken an der Oberfläche zu reservieren.

Ein Verständnis dafür, wie man Frankfurt am effizientesten erschließt, schärft den Blick für den einzigartigen Wert, den die Straßenbahn als Erlebnismedium bietet.

Beginnen Sie noch heute mit der Planung Ihrer ganz persönlichen, filmischen Entdeckungsreise auf den Schienen Frankfurts und erleben Sie die Stadt aus einer neuen, faszinierenden Perspektive.

Häufig gestellte Fragen zur Nutzung der Tram in Frankfurt

Welche Tramlinien sind barrierefrei?

Die modernen Niederflurstraßenbahnen der Typen R, S und T, die auf den meisten Linien eingesetzt werden, sind vollständig barrierefrei. Nur auf den Linien 15, 17 und 18 können vereinzelt noch ältere, nicht barrierefreie Hochflurwagen des Typs P zum Einsatz kommen.

Kann man mit einem Tagesticket alle Tramlinien nutzen?

Ja, mit einem gültigen RMV-Tagesticket für das Frankfurter Stadtgebiet (Tarifgebiet 50) können Sie alle Straßenbahnlinien sowie U-Bahnen, S-Bahnen und Busse beliebig oft während der Geltungsdauer nutzen.

Wie erkenne ich historische von modernen Tramlinien?

Der bunte „Ebbelwei-Express“ ist die einzige regelmäßig verkehrende historische Touristenlinie und durch ihr Design unverkennbar. Alle anderen regulären Linien im Tagesbetrieb (Linien 11 bis 21) nutzen moderne Niederflurbahnen. Historische Fahrzeuge auf regulären Linien sind seltene Ausnahmen bei Sonderveranstaltungen.

Geschrieben von Klaus Hoffmann, Klaus Hoffmann ist Diplom-Ingenieur für Verkehrswesen mit Schwerpunkt öffentlicher Personennahverkehr und seit 18 Jahren als Mobilitätsplaner für nachhaltige urbane Verkehrssysteme tätig. Er ist zertifizierter Nahverkehrsberater (VDV) und arbeitet aktuell als Leiter Netzentwicklung bei einem regionalen Verkehrsverbund in der Rhein-Main-Region.