Veröffentlicht am März 11, 2024

Zusammenfassend:

  • Gezielte Beobachtung statt Zufall: Jeder Biotop-Typ in Frankfurt – von Feuchtwiese bis Trockenrasen – beherbergt hochspezialisierte Arten. Wer die Lebensräume kennt, findet auch die Bewohner.
  • Struktur ist der Schlüssel zur Vielfalt: Die komplexe, dreidimensionale Struktur des Stadtwalds mit Totholz und verschiedenen Vegetationsschichten schafft unzählige ökologische Nischen und ist der Grund für seine hohe Artenvielfalt.
  • Wissen ist das beste Werkzeug: Das Verständnis ökologischer Zusammenhänge und der Jahreszeiten ist für den Einstieg in die Naturbeobachtung entscheidender als die teuerste Ausrüstung.

Viele Frankfurter schätzen den Grüngürtel und den Stadtwald als Naherholungsgebiet. Man geht spazieren, fährt Rad und genießt die grüne Lunge der Stadt. Doch oft bleibt die Wahrnehmung an der Oberfläche: ein paar Vögel zwitschern, bunte Blumen am Wegesrand. Man stellt sich die Frage: Was lebt hier eigentlich wirklich? Welche verborgenen Schätze der Natur verbergen sich nur wenige Meter abseits der bekannten Pfade? Die üblichen Ratschläge lauten, einfach die Augen offenzuhalten oder sich ein Fernglas zu besorgen. Doch das führt oft nur zu zufälligen und unbefriedigenden Beobachtungen.

Was wäre, wenn der Schlüssel zur Entdeckung der Frankfurter Artenvielfalt nicht im zufälligen Umherschweifen liegt, sondern im gezielten Verstehen der ökologischen „Spielregeln“? Frankfurts Grünflächen sind kein einheitlicher Park, sondern ein komplexes Mosaik aus unterschiedlichsten Lebensräumen – von sonnigen Trockenrasen über schattige Altholzinseln bis hin zu sumpfigen Feuchtgebieten. Jeder dieser Orte hat seine eigenen Spezialisten. Dieser Artikel ist mehr als eine bloße Liste von Arten. Er ist eine Anleitung, wie Sie vom passiven Spaziergänger zum aktiven Natur-Entdecker werden, indem Sie lernen, die Landschaft zu „lesen“.

Wir werden uns ansehen, welche bedrohten Arten in Frankfurt ein Refugium finden und warum der Stadtwald artenreicher ist als das Umland. Sie erfahren, welche Werkzeuge – von der App bis zum Buch – Ihnen den Einstieg erleichtern und wie Sie die verschiedenen Biotope gezielt aufsuchen. Dieser Guide vermittelt Ihnen das nötige Wissen, um die faszinierende Flora und Fauna Frankfurts systematisch zu entdecken und zu verstehen.

Inhaltsverzeichnis: Frankfurts Fauna und Flora systematisch entdecken

Welche 12 bedrohten Tier- und Pflanzenarten haben in Frankfurts Grüngebieten Refugien gefunden?

Die Artenvielfalt steht unter Druck. Das ist kein abstraktes, globales Problem, sondern auch in unserer direkten Umgebung Realität. So sind laut der aktuellen Roten Liste der Staatlichen Vogelschutzwarte allein in Hessen 29 von 190 Brutvogelarten bereits ausgestorben und 75 weitere gelten als gefährdet. Die Hauptursachen sind der Verlust von Lebensräumen und die Intensivierung der Landwirtschaft. Vor diesem Hintergrund wirken urbane Grünflächen wie der Frankfurter Grüngürtel als überlebenswichtige Archen und Refugien für viele bedrohte Arten.

Ein herausragendes Beispiel ist das Naturschutzgebiet Enkheimer Ried. Dieses Kleinod beherbergt zur Brutzeit rund 60 Vogelarten, darunter zahlreiche Spezialisten, die andernorts kaum noch zu finden sind. Dazu zählen etwa der Neuntöter, der dornige Hecken zum Aufspießen seiner Beute benötigt, die heimliche Wasserralle, die im dichten Schilf lebt, der seltene Steinkauz, der auf alte Obstbäume mit Höhlen angewiesen ist, sowie Wendehals und Turteltaube. Diese Arten sind präzise Zeigerarten für intakte, strukturreiche Lebensräume, die in der ausgeräumten Agrarlandschaft fehlen.

Seltene Tierarten in ihrem geschützten Lebensraum im Frankfurter Grüngürtel

Doch nicht nur Vögel finden hier Schutz. In den diversen Biotopen des Grüngürtels haben auch andere bedrohte Arten überlebt. Dazu gehören der Hirschkäfer im Totholz alter Eichen des Stadtwaldes, die Blauflügelige Ödlandschrecke auf den sandigen Böden der Schwanheimer Düne und seltene Orchideen wie das Helm-Knabenkraut an den Hängen des Berger Rückens. Diese Arten beweisen, dass gezielter Naturschutz und durchdachte Pflege auch im städtischen Raum erfolgreich sein können und wertvolle ökologische Nischen für Spezialisten schaffen.

Flora Incognita, iNaturalist oder klassisches Bestimmungsbuch: Welches Tool für Einsteiger?

Die erste Hürde für jeden angehenden Naturbeobachter ist oft die gleiche: Man sieht eine interessante Pflanze oder hört einen unbekannten Vogel, aber weiß nicht, um was es sich handelt. Die richtige Bestimmung ist der Schlüssel, um vom reinen Sehen zum Verstehen zu gelangen. Glücklicherweise war der Einstieg noch nie so einfach wie heute, dank einer Kombination aus digitalen Helfern und bewährten Klassikern. Die Wahl des richtigen Werkzeugs hängt dabei stark von Ihren persönlichen Zielen und der Situation ab.

Digitale Apps bieten einen schnellen und unkomplizierten Einstieg. Sie nutzen künstliche Intelligenz, um Fotos oder Tonaufnahmen zu analysieren. Das klassische Bestimmungsbuch hingegen schult das Auge für Details und funktioniert auch ohne Akku und Netzempfang. Eine dritte Kategorie sind Citizen-Science-Plattformen, die die Schwarmintelligenz einer Community nutzen. Die folgende Übersicht zeigt die Stärken und Schwächen der gängigsten Optionen für Einsteiger.

Diese vergleichende Analyse, basierend auf den Erfahrungen des Bildungsraums GrünGürtel, hilft Ihnen bei der Entscheidung, welches Tool am besten zu Ihrem Beobachtungsstil passt.

Vergleich der Bestimmungs-Tools für Naturbeobachter
Tool Vorteile Nachteile Ideal für
Flora Incognita KI-gestützte Pflanzenbestimmung Nur für Pflanzen, benötigt Internet Schnelle Pflanzenbestimmung unterwegs
iNaturalist Community-Unterstützung, alle Arten Bestätigung kann dauern Schwierige Bestimmungen, Citizen Science
Bestimmungsbuch Funktioniert offline, detailliert Schwer, Übung erforderlich Tiefes Verständnis, kein Empfang

Für den Anfang empfiehlt es sich, die Werkzeuge zu kombinieren: Nutzen Sie eine App für eine schnelle Erstbestimmung im Feld und gleichen Sie das Ergebnis später zu Hause mit einem guten Bestimmungsbuch ab. So verbinden Sie den Komfort der digitalen Welt mit der Tiefe und Verlässlichkeit der analogen.

Ihr Aktionsplan: In 5 Schritten zum urbanen Naturkenner

  1. Kontaktaufnahme mit der Natur: Beginnen Sie mit kostenlosen Apps wie BirdNET zur Vogelstimmenerkennung, um ein erstes Gefühl für die akustische Vielfalt zu bekommen.
  2. Geführtes Wissen sammeln: Nehmen Sie an Exkursionen des NABU Frankfurt oder der HGON teil, um von Experten direkt im Feld zu lernen und Fragen zu stellen.
  3. Eigene Beobachtungen festhalten: Dokumentieren Sie Ihre Funde auf Plattformen wie iNaturalist. Dies schafft eine persönliche Datenbank und hilft gleichzeitig der Wissenschaft (Citizen Science).
  4. Wissenslücken füllen: Konfrontieren Sie Ihre Beobachtungen mit den detaillierten Beschreibungen und Zeichnungen in einem spezialisierten Bestimmungsbuch, um Arten sicher zu identifizieren.
  5. Integration und Vertiefung: Ersetzen Sie generisches Wissen durch spezifische Artenkenntnis und planen Sie Ihre nächsten Ausflüge gezielt zu den Lebensräumen der Arten, die Sie noch entdecken möchten.

Wo findet man Waldvögel, wo Feuchtgebiet-Amphibien und wo Trockenrasen-Insekten?

Der Schlüssel zu erfolgreichen Naturbeobachtungen liegt in einem fundamentalen ökologischen Prinzip: Jede Art hat ihre eigene ökologische Nische und ist an einen spezifischen Lebensraum, ein sogenanntes Biotop, angepasst. Ein Fischadler wird nicht im dichten Buchenwald jagen und ein Feuersalamander nicht in einer sonnigen Sanddüne leben. Wer also gezielt bestimmte Artengruppen beobachten möchte, muss die entsprechenden Biotope aufsuchen. Der Frankfurter Grüngürtel ist ein ideales Übungsfeld, da er auf engem Raum eine erstaunliche Vielfalt an unterschiedlichen Lebensräumen bietet.

Vom Schilfgürtel über Streuobstwiesen bis hin zu alten Wäldern – diese Vielfalt ist der wahre Reichtum des Grüngürtels. Anstatt ziellos umherzuwandern, können Sie Ihre Ausflüge wie ein Detektiv planen, der weiß, wo er nach Spuren suchen muss. Die folgende Übersicht zeigt Ihnen die Top-Orte für verschiedene Artengruppen:

Verschiedene Lebensräume vom Feuchtgebiet bis zum Trockenrasen im Grüngürtel
  • Für Wasservögel und Amphibien: Das Enkheimer Ried mit seinen Teichen, Schilfzonen und Beobachtungstürmen ist der Hotspot für Arten wie die Rohrdommel oder verschiedene Entenarten. Im Frühjahr kann man hier die Laichzüge von Fröschen und Kröten beobachten. Ähnliches gilt für den renaturierten Alten Flugplatz Bonames, der zu einem Paradies für Watvögel geworden ist.
  • Für Trockenrasen-Spezialisten: Die Schwanheimer Düne ist ein europaweit einzigartiges Binnendünen-Gebiet. Auf den heißen, sandigen Böden leben wärmeliebende Insekten wie die Blauflügelige Ödlandschrecke und spezialisierte Pflanzen. Ein Bohlenweg schützt die empfindliche Natur und ermöglicht gleichzeitig faszinierende Einblicke.
  • Für Waldvögel und Spechte: Der Stadtwald, besonders in den ruhigeren Bereichen um den Jacobiweiher oder in alten Eichen- und Buchenbeständen, ist das Reich der Spechte. Hier finden Sie Buntspecht, Grünspecht und mit etwas Glück auch den selteneren Schwarz- oder Mittelspecht, die auf Totholz und alte Bäume angewiesen sind.
  • Für Orchideen und Wiesenbewohner: Der Berger Hang ist ein als FFH-Gebiet geschützter Bereich mit wertvollen Streuobstwiesen und Magerrasen. Im späten Frühling blühen hier seltene Orchideen, und die Wiesen sind voller Schmetterlinge und anderer Insekten.

Warum leben im Frankfurter Stadtwald mehr Vogelarten als in umliegenden Feldern?

Auf den ersten Blick mag es paradox erscheinen: Ein Wald, der von einer Metropole umschlossen ist, soll eine höhere Artenvielfalt aufweisen als die weiten, scheinbar naturnahen Agrarlandschaften des Umlands. Doch genau das ist der Fall. Eine aktuelle Erhebung der Biodiversität in renaturierten Gebieten nahe Frankfurt zählte 237 Vogelarten, eine Zahl, die in reinen Ackerflächen undenkbar wäre. Der Grund dafür liegt nicht in der Abwesenheit des Menschen, sondern in einem Schlüsselkonzept der Ökologie: der Strukturvielfalt.

Eine moderne Agrarlandschaft ist im Grunde eine grüne Wüste. Sie ist zweidimensional, monoton und bietet kaum unterschiedliche Lebensbedingungen. Ein Weizenfeld ist ein Weizenfeld, von einem Ende zum anderen. Ein intakter Wald wie der Frankfurter Stadtwald ist hingegen ein dreidimensionales Universum voller unterschiedlicher Angebote. Wie Dr. Lisa Müller von der Goethe-Universität Frankfurt treffend zusammenfasst:

Die komplexe 3D-Struktur des Waldes mit Totholz, Höhlenbäumen sowie Kraut-, Strauch- und Baumschicht bietet eine Fülle an ökologischen Nischen im Gegensatz zur zweidimensionalen Monotonie des Agrarlandes.

– Dr. Lisa Müller, Goethe-Universität Frankfurt

Jedes dieser Strukturelemente schafft neue ökologische Nischen. Das Totholz am Boden ist Lebensraum für Insektenlarven, die wiederum Nahrung für Spechte sind. Die Höhlen in alten Bäumen bieten Brutplätze für Hohltaube, Kleiber und Fledermäuse. Die dichte Strauchschicht dient als Versteck und Nistplatz für Zaunkönig und Rotkehlchen, während die hohen Baumkronen Greifvögeln als Ansitz dienen. Diese Komplexität, dieser Reichtum an „Wohnungen“, Nahrungsquellen und Versteckmöglichkeiten, ist der Motor der Artenvielfalt. Ein Feld bietet im Vergleich dazu nur eine einzige „Wohnung“ für wenige anspruchslose Generalisten.

Amphibienwanderung im März, Vogelbrut im Mai oder Pilze im Oktober: Wann was beobachten?

Die Natur folgt einem festen Rhythmus, der vom Wechsel der Jahreszeiten bestimmt wird. Dieses Wissen um die Phänologie – die Lehre von den periodisch wiederkehrenden Erscheinungen im Jahreslauf – ist für den Naturbeobachter von unschätzbarem Wert. Wer im Dezember nach singenden Nachtigallen sucht, wird ebenso enttäuscht wie der Pilzsammler im trockenen Juni. Jede Jahreszeit hat ihre eigenen Stars und Highlights. Mit einem phänologischen Kalender im Kopf können Sie Ihre Ausflüge gezielt planen und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

Der Jahresverlauf in den Frankfurter Grüngebieten ist ein faszinierendes Schauspiel, das bereits im Spätwinter beginnt und erst mit dem Eintreffen der letzten Wintergäste endet. Die folgende Übersicht dient als grober Leitfaden:

  • Frühling (März – Mai): Das große Erwachen. Im März beginnt die spektakuläre Amphibienwanderung, bei der Tausende Kröten und Frösche zu ihren Laichgewässern ziehen. Im April kehren die Zugvögel zurück, darunter die Mauersegler, und die ersten Schmetterlinge tanzen über die Wiesen. Der Mai ist der Höhepunkt der Vogelgesänge und der Hauptbrutzeit der meisten Singvögel. Am Berger Rücken blühen jetzt die seltenen Orchideen.
  • Sommer (Juni – August): Die Zeit der Insekten. An warmen Juni-Abenden kann man mit etwas Glück Glühwürmchen beobachten. Die Gewässer sind voller Libellen. Der Hochsommer ist die beste Zeit, um die Vielfalt der Insekten auf den Trockenrasen der Schwanheimer Düne oder den Wiesen am Berger Hang zu bestaunen.
  • Herbst (September – November): Zeit des Wandels und der Ernte. Im September beginnt der Vogelzug in den Süden, ein beeindruckendes Schauspiel am Himmel. Nach den ersten Herbstregen im Oktober sprießen die Pilze im Stadtwald. Die Laubfärbung taucht den Wald in ein goldenes Licht. Im November ziehen die Kraniche über die Stadt und die ersten Wintergäste aus dem Norden treffen ein.
  • Winter (Dezember – Februar): Die Zeit der Stille. Jetzt lassen sich die Standvögel gut beobachten. Die jährliche „Stunde der Wintervögel“ im Januar ist eine tolle Mitmach-Aktion. Spechte sind nun besonders aktiv und gut zu hören.

Allerdings ist dieser Kalender nicht mehr in Stein gemeißelt. Die Staatliche Vogelschutzwarte Hessen dokumentiert in aktuellen Studien, dass der Klimawandel diesen Rhythmus verschiebt. Frühere Amphibienwanderungen und veränderte Zugzeiten sind bereits Realität und machen die Beobachtung der Phänologie zu einem spannenden Feld der Entdeckung.

Warum leben im Frankfurter Grüngürtel 40 bedrohte Tierarten trotz urbaner Umgebung?

Auf den ersten Blick ist es ein Widerspruch: Eine wachsende Metropole wie Frankfurt und der Schutz bedrohter Tierarten scheinen unvereinbar. Doch der Frankfurter Grüngürtel beweist das Gegenteil. Er ist nicht nur eine grüne Kulisse, sondern ein funktionierendes Ökosystem, das rund 40 Arten der Roten Liste eine Heimat bietet. Der Grund für diesen Erfolg liegt in einer Kombination aus drei entscheidenden Faktoren: Größe, rechtlichem Schutz und gezielter ökologischer Aufwertung.

Zunächst ist da die schiere Größe. Der seit 1991 verfassungsrechtlich geschützte Grüngürtel umfasst rund 8.000 Hektar, was etwa einem Drittel des gesamten Stadtgebiets entspricht. Diese Fläche ist groß genug, um stabile Populationen zu erhalten und Störungen durch die Stadt abzupuffern. Der Verfassungsrang verhindert zudem eine Zerstückelung durch Bauprojekte und sichert die Flächen dauerhaft. Doch Größe allein reicht nicht aus. Entscheidend ist die Qualität und Vernetzung der Lebensräume. Hier kommt der Gedanke des Biotopverbunds ins Spiel: Die einzelnen Naturschutzgebiete, Parks und Wälder sind keine isolierten Inseln, sondern durch grüne Korridore miteinander verbunden, die den Tieren Wanderungen und genetischen Austausch ermöglichen.

Der dritte und vielleicht wichtigste Faktor ist die aktive Gestaltung und Pflege der Lebensräume. Ein Paradebeispiel dafür ist die erfolgreiche Renaturierung am Alten Flugplatz in Bonames. Wo einst Beton und Asphalt dominierten, wurde eine versiegelte Fläche gezielt zurückgebaut und in ein wertvolles Feuchtgebiet verwandelt. Heute ist das Areal ein wichtiger Rastplatz für Watvögel und Lebensraum für Amphibien. Dieses und andere Projekte zeigen, dass Naturschutz in der Stadt mehr ist als reines „Nichtstun“. Es ist ein aktiver Prozess der Wiederherstellung und Optimierung von Lebensräumen. Diese Kombination aus geschützter Fläche, Vernetzung und aktiver Pflege macht den Grüngürtel zu einer Arche Noah inmitten der Großstadt.

Welche versteckten Bereiche im Stadtwald bieten Ruhe wenn der Main-Radweg überfüllt ist?

Der Frankfurter Stadtwald ist an sonnigen Wochenenden ein beliebtes Ziel, und die Hauptwege wie der Main-Radweg oder die Promenaden um den Jacobiweiher können schnell überlaufen sein. Doch der größte zusammenhängende innerstädtische Wald Deutschlands hat mehr zu bieten als seine Hotspots. Wer bereit ist, die ausgetretenen Pfade zu verlassen, findet auch an geschäftigen Tagen Oasen der Stille, die nicht nur der Erholung dienen, sondern auch bessere Chancen für ungestörte Naturbeobachtungen bieten.

Der Schlüssel zur Ruhe liegt oft darin, sich von den Hauptparkplätzen und den großen Teichen zu entfernen. Die folgenden Orte und Strategien helfen Ihnen, die stillen Ecken des Waldes zu entdecken:

  • Südliche Waldgebiete: Die ausgedehnten Waldflächen in Richtung Neu-Isenburg und Zeppelinheim sind deutlich weniger frequentiert. Hier kann man auf kilometerlangen Wegen wandern, ohne vielen Menschen zu begegnen.
  • Versteckte Weiher: Neben dem bekannten Jacobiweiher und dem Tiroler Weiher gibt es kleinere, versteckte Gewässer wie den Kesselbruchweiher. Diese liegen oft abseits der Hauptrouten und sind ideale Orte, um in Ruhe Wasservögel zu beobachten.
  • Historische Pfade: Der Historische Schäfersteinpfad ist ein rund 13 Kilometer langer Weg entlang alter Grenzsteine. Er führt durch ruhigere Teile des Waldes und verbindet Naturerlebnis mit einem Hauch von Geschichte.
  • Die Frühmorgenstrategie: Eine der effektivsten Methoden ist, antizyklisch unterwegs zu sein. Selbst der beliebte Jacobiweiher kann an einem Dienstagmorgen um 7 Uhr ein Ort der Meditation und Stille sein, an dem man den Wald fast für sich allein hat.

Diese Erfahrung teilen auch erfahrene Wanderer. Ein Bericht über den als bester Metropolen-Wanderweg Deutschlands ausgezeichneten GrünGürtel-Rundweg hebt genau diese stillen Momente hervor:

Der 2014 als bester Metropolen-Wanderweg Deutschlands ausgezeichnete GrünGürtel-Rundweg bietet überraschend naturnahe Abschnitte. Besonders beeindruckend: die Schwanheimer Düne mit ihrem Bohlenweg durch Kiefernwäldchen und die stillen Momente am Tiroler Weiher abseits der Hauptrouten.

hinter-dem-horizont.com

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Frankfurter Grüngürtel ist ein Mosaik verschiedener Biotope; die Kenntnis dieser Lebensräume ist der Schlüssel zur gezielten Artensuche.
  • Die hohe Strukturvielfalt des Stadtwalds (Totholz, Vegetationsschichten) erklärt seine überlegene Artenvielfalt im Vergleich zu monotonen Agrarflächen.
  • Ein phänologischer Kalender hilft, zur richtigen Jahreszeit die richtigen Naturphänomene wie Amphibienwanderung, Vogelbrut oder Pilzwachstum zu beobachten.

Wie beginnt man mit Vogelbeobachtung in Frankfurt?

Die Vogelbeobachtung, auch Ornithologie genannt, ist ein faszinierendes Hobby, das die Sinne schärft und die Verbindung zur Natur vertieft. Der Einstieg kann jedoch überwältigend wirken. Angesichts von Hunderten potenzieller Arten scheint es unmöglich, den Überblick zu behalten. Doch keine Sorge: Der Beginn ist einfacher als gedacht und erfordert anfangs weder teures Equipment noch tiefes Fachwissen. Der Schlüssel liegt in einem schrittweisen Vorgehen, bei dem man mit dem Offensichtlichen beginnt und sich langsam zu den selteneren Arten vorarbeitet.

Ein strukturierter Fahrplan hilft dabei, die anfängliche Frustration zu vermeiden und schnell erste Erfolgserlebnisse zu sammeln. Die folgende 5-Schritte-Anleitung hat sich für viele Einsteiger bewährt:

  1. Lernen Sie die „Big Ten“: Konzentrieren Sie sich zunächst auf die 10 häufigsten Stadtvögel. Lernen Sie, Amsel, Kohlmeise, Blaumeise, Haussperling (Spatz), Buchfink, Rotkehlchen, Star, Ringeltaube, Elster und Rabenkrähe sicher zu erkennen. Sie sind die Basis, auf der alles andere aufbaut.
  2. Nutzen Sie Ihre Ohren: Laden Sie sich die kostenlose App BirdNET herunter. Sie kann Vogelstimmen aufnehmen und identifizieren. Dies ist ein spielerischer Weg, um die akustische Welt der Vögel zu entdecken und Arten zu erkennen, die man nicht sieht.
  3. Besuchen Sie die Hotspots: Gehen Sie dorthin, wo viele Vögel sind. Die Ufer der Nidda, das Enkheimer Ried oder der Stadtwald bieten eine hohe Dichte und Vielfalt. Hier sind schnelle Lernerfolge garantiert.
  4. Schließen Sie sich einer Führung an: Organisationen wie der NABU Frankfurt oder die HGON (Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz) bieten regelmäßig geführte Exkursionen an. Von einem Experten zu lernen, ist der schnellste Weg, um Fortschritte zu machen.
  5. Investieren Sie erst später in ein Fernglas: Kaufen Sie nicht sofort ein teures Fernglas. Sammeln Sie erst einige Monate Erfahrung. Wenn das Hobby Sie gepackt hat, wissen Sie besser, welche Art von Fernglas zu Ihren Bedürfnissen passt.
Vogelbeobachter mit Fernglas in der Natur des Frankfurter Grüngürtels

Zudem verleiht die Vogelbeobachtung Ihrem Hobby einen tieferen Sinn. Jede Ihrer dokumentierten Beobachtungen kann Teil von etwas Größerem werden: der Bürgerwissenschaft oder „Citizen Science“. Laut dem Bundesamt für Naturschutz beteiligen sich deutschlandweit etwa 7.000 ehrenamtliche Vogelbeobachter an offiziellen Monitoringprogrammen, und über 50.000 sind auf Plattformen wie ornitho.de registriert. Ihre Daten helfen der Wissenschaft direkt dabei, die Bestände der 304 deutschen Brutvogelarten zu überwachen und effektive Schutzmaßnahmen zu entwickeln.

Der Einstieg in die Vogelbeobachtung ist eine Reise. Um zu verstehen, wie man mit der Vogelbeobachtung beginnt, ist es hilfreich, diese ersten Schritte als Fundament zu betrachten, auf dem Sie Ihr Wissen aufbauen.

Ihre Entdeckungsreise in die urbane Wildnis Frankfurts beginnt jetzt. Schnappen Sie sich ein Notizbuch, laden Sie eine App herunter und nehmen Sie sich Zeit für den ersten bewussten Schritt in den Grüngürtel – die Natur wartet direkt vor Ihrer Haustür.

Geschrieben von Andrea Müller, Andrea Müller ist Diplom-Biologin mit Promotion in Stadtökologie und seit 12 Jahren als Expertin für urbane Biodiversität und Grünflächenplanung tätig. Sie ist zertifizierte Naturpädagogin und arbeitet aktuell als Leiterin Naturschutz und Landschaftsplanung bei einem städtischen Umweltamt in der Rhein-Main-Region.