Veröffentlicht am Mai 11, 2024

Frankfurts moderne Architektur ist kein Zufall, sondern das Ergebnis aus historischer Zerstörung, wirtschaftlichem Ehrgeiz und Mut zum Experiment.

  • Die Stadt wurde nach dem Krieg zur Leinwand für radikale Modernität, was zu einer in Deutschland einzigartigen Konzentration von Hochhaus-Experimenten führte.
  • Stararchitekten wie Norman Foster nutzten Frankfurt, um globale Meilensteine zu setzen, wie das erste ökologische Hochhaus der Welt.

Recommandation : Betrachten Sie die Gebäude nicht nur als Fotomotive, sondern lesen Sie in ihnen die wirtschaftliche und kulturelle Geschichte der Stadt – von den Villen des Westends bis zur gläsernen Spitze der Bankentürme.

Wer nach Frankfurt kommt, blickt unweigerlich nach oben. Die Skyline, oft als „Mainhattan“ bezeichnet, ist das unverkennbare Wahrzeichen der Stadt. Viele Besucher begnügen sich damit, die glitzernden Türme aus der Ferne zu fotografieren, und die meisten Reiseführer liefern dazu die üblichen Fakten: Namen, Höhen, Aussichtsplattformen. Doch diese oberflächliche Betrachtung kratzt nur an der Fassade dessen, was Frankfurt architektonisch so einzigartig macht. Man spricht über Glas und Stahl, vergisst aber die Geschichten, die diese Materialien erzählen.

Das wahre Verständnis für Frankfurts Baukultur liegt nicht allein in der Bewunderung der schieren Höhe. Es verbirgt sich in den Details, in den städtebaulichen Entscheidungen und in den historischen Brüchen, die diese vertikale Stadtlandschaft erst ermöglichten. Die üblichen Tipps führen zu den besten Fotospots, erklären aber selten, warum gerade hier eine solche Dichte an architektonischer Innovation entstehen konnte, während andere deutsche Städte ihre historischen Zentren rekonstruierten. Man lernt, wo man den besten Blick hat, aber nicht, wie man die architektonische Sprache eines Gebäudes liest.

Doch was wäre, wenn der Schlüssel zum Verständnis nicht in der Panorama-Perspektive, sondern im gezielten Blick auf die einzelnen „Kapitel“ dieses steinernen Stadtbuchs liegt? Dieser Artikel nimmt Sie mit auf eine Reise hinter die Kulissen. Wir betrachten die Skyline nicht als Postkartenmotiv, sondern als ein komplexes Gefüge aus Visionen, wirtschaftlichen Zwängen und gestalterischem Mut. Wir entschlüsseln die Codes der Postmoderne und des Dekonstruktivismus direkt an den Gebäuden, stellen die Stararchitekten und ihre wegweisenden Ideen vor und beantworten die entscheidende Frage: Warum Frankfurt?

Wir werden eine chronologische Route durch die Bauepochen der Stadt vorschlagen, die verborgenen Geschichten hinter den Villen des Westends aufdecken und Ihnen zeigen, wo Sie Architektur nicht nur von außen betrachten, sondern auch von innen erleben können. So wird aus einem einfachen Stadtbesuch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der DNA von Deutschlands vertikalster Metropole.

Wer sind die 7 Stararchitekten hinter Frankfurts bekanntesten Hochhäusern?

Frankfurts Skyline ist kein anonymes Ensemble, sondern eine Galerie internationaler Stararchitekten, die die Stadt als Bühne für ihre Visionen nutzten. An der Spitze steht zweifellos Sir Norman Foster. Mit dem Commerzbank Tower setzte er 1997 einen globalen Meilenstein. In einem Artikel im Fachmagazin DETAIL wird betont, dass es nicht nur um die Höhe ging: Foster schuf mit dem Commerzbank Tower das erste Green Building der Welt mit einer innovativen Doppelfassade und integrierten Gärten, die sich spiralförmig durch das Gebäude ziehen. Dieses Bauwerk demonstrierte, dass ökologische Nachhaltigkeit und monumentale Hochhausarchitektur kein Widerspruch sein müssen.

Die jüngere Generation wird maßgeblich von Ben van Berkel (UNStudio) und Bjarke Ingels (BIG) geprägt. Van Berkel ist der Kopf hinter dem Projekt „FOUR Frankfurt“, einem Ensemble aus vier Türmen, das Wohnen, Arbeiten und öffentliche Räume miteinander verwebt und die strikte Monofunktionalität des Bankenviertels aufbricht. Bjarke Ingels wiederum sorgt mit dem „T1“ für Aufsehen, dessen charakteristischer Knick in der Fassade nicht nur ein ästhetisches Statement ist, sondern auch funktionale Terrassen für die Nutzer schafft und so die rigide Geometrie klassischer Hochhäuser dekonstruiert.

Neben diesen prägenden Figuren haben weitere Architekten die Silhouette geformt. Helmut Jahn, bekannt für den Messeturm, sowie Christoph Ingenhoven und Christoph Mäckler, die oft in Wettbewerben wie für das FOUR-Projekt ihre Handschriften einbrachten, gehören ebenso dazu. Eine besondere Rolle spielt das Büro KSP Engel und Zimmermann, das durch zahlreiche Projekte im Bankenviertel für eine gewisse stilistische Kohärenz und eine ruhige, aber kraftvolle Ästhetik sorgt. Diese Architekten sind nicht nur Erbauer, sondern die Autoren der sichtbaren Erfolgsgeschichte Frankfurts.

Wie erkennt man Postmoderne, Dekonstruktivismus und High-Tech-Architektur in Frankfurt?

Um die architektonischen Codes Frankfurts zu knacken, muss man die wesentlichen Stilrichtungen unterscheiden können, die die Skyline prägen. Es geht nicht nur um Glas und Stahl, sondern um eine bewusste Auseinandersetzung mit Form, Geschichte und Technologie. Drei Stile sind dabei besonders dominant: Postmoderne, Dekonstruktivismus und High-Tech-Architektur. Jeder hat seine eigene, erkennbare Sprache.

Die Postmoderne, prominent vertreten durch den Messeturm von Helmut Jahn, ist eine Reaktion auf die Nüchternheit der Moderne. Man erkennt sie an ihrer Verspieltheit und dem Zitat historischer Formen. Suchen Sie nach Symmetrie, klassischen Anklängen wie angedeuteten Kapitellen oder Pyramidenspitzen und der Verwendung von Naturstein neben Glas. Postmoderne Gebäude wollen nicht nur funktional sein, sondern auch eine Geschichte erzählen und Emotionen wecken – oft mit einer Prise Ironie.

Der Dekonstruktivismus bricht radikal mit jeder Form von Harmonie und Symmetrie. Gebäude wirken wie zerlegt und neu zusammengesetzt. Achten Sie auf schiefe Winkel, kollidierende geometrische Formen und Fassaden, die sich wie zersplittert oder gefaltet präsentieren. Ein Beispiel hierfür sind Teile des „The Squaire“ am Flughafen. Diese Architektur will gewohnte Sehweisen stören und ein Gefühl von Dynamik und Instabilität erzeugen. Es ist die gebaute Ablehnung von Regeln.

Die High-Tech-Architektur, perfekt verkörpert durch den Commerzbank Tower von Norman Foster, stellt die Konstruktion und Technik des Gebäudes offen zur Schau. Das Tragwerk, die Leitungen und die technischen Elemente werden nicht versteckt, sondern zu einem zentralen ästhetischen Merkmal. Man erkennt sie an der Dominanz von Glas, Stahl und sichtbaren Stahlträgern oder -seilen. Die Ästhetik folgt der Logik der Ingenieurskunst und zelebriert Transparenz und Leichtigkeit.

Detailaufnahme verschiedener Fassadenelemente Frankfurter Hochhäuser mit charakteristischen Stilmerkmalen

Diese drei Stilrichtungen sind selten in Reinform anzutreffen; oft vermischen sie sich. Doch wer die grundlegenden Merkmale kennt, kann die Intention des Architekten hinter der Fassade lesen und versteht, warum ein Gebäude genau so aussieht, wie es aussieht. Es ist der Unterschied zwischen bloßem Sehen und wirklichem Verstehen.

Warum entstanden in Frankfurt mehr architektonische Hochhaus-Experimente als in anderen deutschen Städten?

Die Tatsache, dass Frankfurt die mit Abstand dominanteste Skyline Deutschlands besitzt, ist kein Zufall. Es ist das Ergebnis einer einzigartigen Verkettung von historischer Tragödie, wirtschaftlichem Pragmatismus und einem daraus resultierenden Mangel an städtebaulichen Alternativen. Während Städte wie München oder Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg darum bemüht waren, ihre historischen Stadtbilder zu bewahren oder zu rekonstruieren, bot sich in Frankfurt ein völlig anderes Bild.

Die Altstadt war durch die Bombardierungen fast vollständig zerstört. Dieser immense Verlust schuf, wie der SKYLINE ATLAS treffend analysiert, nicht nur physischen, sondern auch mentalen Raum für radikale Modernität. Der Wiederaufbau orientierte sich nicht an der Vergangenheit, sondern an der Zukunft: an einer autogerechten, funktionalen und wirtschaftlich effizienten Stadt. Der Fokus lag auf dem raschen Aufstieg zum Finanzzentrum Deutschlands. Diese Konzentration auf das Banken- und Dienstleistungsgewerbe erzeugte einen enormen Bedarf an zentral gelegenen Büroflächen – ein Bedarf, der auf begrenztem Raum nur durch den Bau in die Höhe gedeckt werden konnte.

Die großflächige Zerstörung schuf (im Gegensatz zu München) nicht nur physischen, sondern auch mentalen Raum für radikale Modernität anstelle von historischer Rekonstruktion.

– SKYLINE ATLAS, Analyse der Hochhausentwicklung Frankfurt

Diese Entwicklung wird durch beeindruckende Zahlen untermauert: Von den 20 höchsten Wolkenkratzern Deutschlands stehen heute 19 in Frankfurt. Die Stadt wurde zu einem Experimentierfeld für Architekten und Ingenieure. Der „Hochhausrahmenplan“ von 1998 und seine Fortschreibungen kanalisierten diesen Bauboom und schufen Cluster, die die Skyline weiter verdichteten und formten. Anders als in anderen Metropolen gab es in Frankfurt weniger Widerstand gegen die vertikale Expansion, da sie als Symbol für wirtschaftlichen Erfolg und Internationalität galt. Die Hochhäuser wurden zur gebauten Identität der Stadt – ein sichtbares Zeichen für den Willen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und die Zukunft zu gestalten.

Welche 8 Gebäude sollte man in welcher Reihenfolge besuchen für eine Architektur-Zeitreise?

Um die Entwicklung der Frankfurter Architektur nicht nur zu verstehen, sondern auch physisch nachzuvollziehen, empfiehlt sich eine kuratierte Tour. Diese Route ist keine reine Sightseeing-Liste, sondern eine chronologische Erzählung, die Sie von den Wurzeln der Nachkriegsmoderne bis in die Zukunft des Städtebaus führt. Jeder Stopp repräsentiert eine entscheidende Epoche und einen Wendepunkt in der architektonischen DNA der Stadt.

Panoramablick über Frankfurt mit historischen und modernen Gebäuden im Dialog

Beginnen Sie Ihre Reise am besten nicht im Bankenviertel, sondern im Westend. Dort steht das I.G.-Farben-Haus (1931), heute Teil der Goethe-Universität. Als eines der wenigen monumentalen Gebäude, das den Krieg überstand, wurde es zum geistigen Ausgangspunkt der Nachkriegsmoderne und Sitz der amerikanischen Militärverwaltung. Von dort aus führt der Weg in die Neue Altstadt (Dom-Römer-Viertel). Hier lässt sich die hitzige Debatte zwischen Rekonstruktion und moderner Interpretation direkt am Bau ablesen.

Die folgende Route führt Sie dann schrittweise durch die Evolution des Hochhausbaus:

  1. I.G.-Farben-Haus (1928-1931): Der monumentale Startpunkt der Frankfurter Moderne.
  2. Dom-Römer-Viertel: Erleben Sie den Kontrast und die Diskussion zwischen historischer Rekonstruktion und zeitgenössischem Bauen.
  3. Commerzbank Tower (1997): Besuchen Sie den Meilenstein der ökologischen High-Tech-Architektur.
  4. Main Tower (2000): Fahren Sie auf die Aussichtsterrasse, um einen Überblick über die bisherigen Stationen und die gesamte Skyline zu erhalten.
  5. Europäische Zentralbank (EZB) im Ostend (2014): Ein Beispiel für dekonstruktivistische Architektur, die ein ganzes Stadtviertel transformiert hat.
  6. Omniturm (2019): Beobachten Sie an der spiralförmigen Fassade die neueste Innovation der Mixed-Use-Architektur.
  7. FOUR Frankfurt (im Bau): Werfen Sie einen Blick auf die größte Baustelle der Innenstadt und die Zukunft des urbanen Lebens.
  8. Baustellenbesuch: Suchen Sie sich eine der vielen kleineren Baustellen, um einen ungeschminkten Blick auf die nächste Generation von Gebäuden zu werfen.

Diese Reihenfolge ermöglicht es, die architektonischen und städtebaulichen Ideen Schicht für Schicht freizulegen und die Logik hinter der Entwicklung von „Mainhattan“ live zu erleben.

Welche 6 Hochhäuser kann man kostenlos von innen erleben statt nur von außen betrachten?

Die Faszination von Hochhäusern endet nicht an der Fassade. Oft sind die Lobbys und Eingangsbereiche selbst architektonische Meisterwerke, die die Vision des Architekten im Inneren fortsetzen. Während viele Türme reine Bürogebäude und damit unzugänglich sind, bieten einige die Möglichkeit, ihre Atmosphäre auch ohne Ticket oder Termin aufzusaugen. Diese öffentlichen oder halb-öffentlichen Räume geben Einblicke, die man von der Straße aus nicht bekommt.

Die bekannteste Möglichkeit ist sicher die Aussichtsterrasse des Main Towers, die jedoch kostenpflichtig ist. Doch es gibt Alternativen, die einen kostenlosen Blick hinter die Kulissen gewähren. Der Commerzbank Tower etwa beeindruckt nach vorheriger Anmeldung mit seinem 160 Meter hohen, lichtdurchfluteten Atrium – eine vertikale Stadtlandschaft im Inneren des Gebäudes. Andere Hochhäuser wie der Tower 185 oder der Omniturm haben ihre Erdgeschosse bewusst als lebendige Zonen mit Cafés, Co-Working-Spaces und Geschäften gestaltet. Hier verschwimmt die Grenze zwischen privatem Büroturm und öffentlichem Stadtraum, was ein Kernmerkmal moderner Mixed-Use-Konzepte ist.

Die folgende Tabelle, basierend auf einer Analyse zugänglicher Hochhäuser vom Skyline Atlas, gibt Ihnen einen Überblick, wo Sie die Architektur nicht nur von außen bewundern, sondern auch von innen erleben können.

Kostenlos zugängliche Hochhaus-Lobbys und öffentliche Bereiche in Frankfurt
Hochhaus Zugänglichkeit Architektur-Highlight
Main Tower Aussichtsterrasse (kostenpflichtig) 200m Höhe, 360°-Panorama
Commerzbank Tower Lobby nach Anmeldung 160m hohes Atrium mit Gärten
Tower 185 Öffentliche Lobby Lebendige Mixed-Use-Zone
Omniturm Café/Co-Working im Erdgeschoss Fließender Übergang öffentlich/privat
Messeturm Prestige-Lobby Monumentaler Eingangsbereich
EZB Besucherzentrum Moderne Architektur-Ausstellung

Der Besuch dieser Lobbys ist mehr als nur eine Abkürzung durch die Häuserschluchten. Es ist die Chance, die Materialität, die Lichtführung und die Raumwirkung zu spüren, die der Architekt beabsichtigt hat. Sie erleben, wie sich ein Gebäude im Inneren anfühlt und wie es mit dem städtischen Leben interagiert – ein entscheidender Aspekt für ein ganzheitliches Architekturverständnis.

Warum bauten Bankiers und Unternehmer ihre Villen im Westend und nicht in anderen Vierteln?

Um die Hochhaus-Architektur Frankfurts zu verstehen, muss man auch ihren historischen Gegenpol betrachten: die Villenviertel der Gründerzeit. Die Entscheidung der wohlhabenden Elite, sich im Westend niederzulassen, war kein Zufall, sondern eine logische Konsequenz aus dem wirtschaftlichen Aufstieg der Stadt und gezielter Stadtplanung. Nachdem Frankfurt nach 1871 zum Finanzzentrum des Deutschen Reiches aufstieg, explodierte der Bedarf an repräsentativem Wohnraum für das neue Bürgertum – Bankiers, Industrielle und Unternehmer.

Das Westend bot dafür die idealen Voraussetzungen. Es wurde auf einem schachbrettartigen Grundriss geplant, der großzügige Grundstücke ermöglichte, die für den Bau prachtvoller Stadtvillen geeignet waren. Die Lage war perfekt: nahe genug am aufstrebenden Geschäftszentrum, aber weit genug entfernt, um eine ruhige und exklusive Wohnatmosphäre zu gewährleisten. Die Villen des Westends wurden so zu steingewordenen Statussymbolen des industriellen und finanziellen Erfolgs, jede einzelne ein architektonisches Statement für sich.

Fallbeispiel: Der Frankfurter Häuserkampf und die Rettung des Westends

In den 1970er Jahren drohte dieses historische Erbe verloren zu gehen. Die unaufhaltsame Expansion des Bankenviertels führte zu massiven Abrissplänen im Westend, um Platz für neue Bürotürme zu schaffen. Diese Entwicklung löste eine der größten Bürgerbewegungen in der Geschichte der Stadt aus: den „Frankfurter Häuserkampf“. Angeführt von Studenten und Anwohnern, wurden Häuser besetzt und gegen die Zerstörung der Gründerzeitvillen protestiert. Dieser Widerstand war erfolgreich: Er rettete nicht nur unzählige historische Gebäude, sondern erzwang auch ein Umdenken in der Stadtplanung. Das Ergebnis ist das heutige, gemischte Stadtbild des Westends, in dem historische Villen und moderne Bürogebäude oft direkt nebeneinander existieren – ein lebendiges Denkmal dieses Konflikts.

Andere Viertel kamen für die damalige Elite weniger in Frage. Das Ostend war traditionell von Hafen und Industrie geprägt, Bockenheim eher ein bürgerlich-universitäres Milieu und Sachsenhausen hatte eine kleinteiligere, dörflichere Struktur. Nur das Westend bot die Kombination aus großzügiger Planung, repräsentativem Charakter und strategischer Lage, die es zum bevorzugten Wohnort der Mächtigen machte. Bis heute zeugt das Viertel von dieser Epoche des wirtschaftlichen Aufbruchs.

Wie liest man die Geschichte Frankfurts an den Verzierungen der Fachwerkhäuser ab?

Abseits der glatten Glasfassaden der Hochhäuser erzählt Frankfurt noch eine viel ältere Geschichte – in Holz geschnitzt. Die Fachwerkhäuser, insbesondere in der Neuen Altstadt und im Stadtteil Höchst, sind keine reinen Kulissen, sondern historische Dokumente. Ihre Verzierungen sind ein Code, der Auskunft über den Glauben, den Beruf und den sozialen Status ihrer einstigen Bewohner gibt.

Ein wiederkehrendes Motiv ist der sogenannte „Frankfurter Schrank“, der oft als stilisiertes Schnitzwerk an den Fassaden auftaucht – ein stolzes Symbol für den Wohlstand der Handelsstadt. Ebenso verraten Zunftzeichen an den Balken, ob hier ein Bäcker, ein Schmied oder ein Tuchhändler wohnte. Diese Symbole waren weit mehr als Dekoration; sie waren eine Form von Werbung und sozialer Einordnung in einer Zeit, in der viele Menschen nicht lesen konnten. Inschriften mit Jahreszahlen oder religiöse Haussegen geben zudem direkte Hinweise auf die Baugeschichte und die Frömmigkeit der Erbauer.

Eine besondere Herausforderung stellt das Dom-Römer-Projekt dar. Hier wurden viele Fachwerkhäuser auf Basis historischer Pläne rekonstruiert. Man erkennt die modernen Rekonstruktionen oft an der fast zu perfekten Regelmäßigkeit des Holzes und der Schnitzereien – ein Ergebnis modernster digitaler Vermessungs- und Handwerkstechniken. Die wenigen erhaltenen Original-Fachwerkhäuser, etwa in Höchst, weisen dagegen oft unregelmäßigere, „gelebte“ Strukturen auf, die von Jahrhunderten der Nutzung und Ausbesserung zeugen. Dieses Nebeneinander von Original, Kopie und moderner Interpretation macht die Auseinandersetzung mit der Frankfurter Fachwerkarchitektur besonders spannend.

Checkliste: Die Codes der Fachwerkhäuser entschlüsseln

  1. Punkte identifizieren: Listen Sie alle verzierten Elemente wie Balken, Inschriften, Konsolen und Giebel auf, die Sie an einer Fassade entdecken.
  2. Motive sammeln: Fotografieren oder skizzieren Sie wiederkehrende Symbole. Achten Sie besonders auf Zunftzeichen (Brezel, Rad etc.) und figürliche Darstellungen.
  3. Kontext herstellen: Vergleichen Sie die gefundenen Symbole mit bekannten Zunft- und Handelssymbolen der Frankfurter Stadtgeschichte, um den Beruf des Erbauers zu deuten.
  4. Individualität prüfen: Suchen Sie gezielt nach eingeschnitzten Jahreszahlen und Haussegen, die die persönliche Geschichte des Hauses und seiner Bewohner erzählen.
  5. Synthese bilden: Fassen Sie Ihre Beobachtungen zusammen, um eine Hypothese über den sozialen und wirtschaftlichen Status der ursprünglichen Eigentümer aufzustellen.

Wer lernt, diese Zeichen zu lesen, blickt nicht mehr nur auf eine hübsche Fassade, sondern auf ein reiches Archiv des städtischen Lebens vergangener Jahrhunderte.

Das Wichtigste in Kürze

  • Frankfurts Skyline ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, die mentalen und physischen Raum für radikale Modernität schuf.
  • Stararchitekten wie Norman Foster, Ben van Berkel und Bjarke Ingels nutzten Frankfurt als Experimentierfeld für globale Architekturtrends wie ökologisches Bauen oder Mixed-Use-Konzepte.
  • Um die Architektur zu verstehen, muss man ihre „Sprache“ lernen: die verspielte Postmoderne, den chaotischen Dekonstruktivismus und die strukturbetonte High-Tech-Architektur.

Wo kann man die Skyline von Mainhattan am besten fotografieren?

Nachdem wir die Codes und Geschichten hinter der Architektur entschlüsselt haben, kommt die Kür: das Festhalten der Eindrücke. Frankfurt bietet unzählige Perspektiven, um die Skyline in Szene zu setzen, doch einige Orte sind besonders geeignet, um nicht nur ein schönes Bild, sondern eine erzählerische Komposition zu schaffen. Es geht darum, den richtigen Winkel zu finden, der den Charakter der Stadt einfängt.

Fotografische Perspektive auf Frankfurts Skyline vom Mainufer während der goldenen Stunde

Der klassische Blick vom Mainufer ist ein Muss, aber die Wahl der Brücke macht den Unterschied. Von der Flößerbrücke aus ergibt sich ein spannender Kontrast zwischen dem modernen, kantigen Turm der EZB im Osten und dem dichten Cluster des klassischen Bankenviertels. Die Deutschherrnbrücke bietet eine etwas entferntere, aber dafür umso malerischere Perspektive, besonders bei Sonnenuntergang, wenn sich die Lichter der Stadt im Main spiegeln.

Für eine ungewöhnliche Perspektive lohnt sich ein Besuch auf dem Campus Westend. Dort lässt sich die Skyline hinter dem historischen I.G.-Farben-Haus fotografieren – ein starkes Bild, das die gesamte architektonische Zeitspanne Frankfurts in einem Frame vereint. Wer die Stadt als Ganzes verstehen will, sollte zudem das Stadtplanungsamt besuchen. Der Eintritt ist frei, und das große Stadtmodell aller bestehenden und geplanten Hochhäuser bietet einen einzigartigen Überblick über die städtebaulichen Dimensionen.

Hier sind die besten Fotospots für unterschiedliche Bildaussagen:

  • Flößerbrücke: Für den Kontrast zwischen dem neuen Ostend (EZB) und dem klassischen Bankenviertel.
  • Holzerner Aussichtsturm im Europaviertel: Eine erhöhte, kostenlose Perspektive auf die westliche Skyline.
  • Main Tower Aussichtsterrasse: Der ultimative 360°-Panoramablick aus 200 Metern Höhe (kostenpflichtig).
  • Campus Westend: Um die Skyline im Dialog mit der Vorkriegsmoderne des I.G.-Farben-Hauses festzuhalten.
  • Deutschherrnbrücke: Die klassische Postkartenperspektive mit Mainspiegelung.
  • Stadtplanungsamt: Um das große Stadtmodell als abstrakte Darstellung der Urbanität zu fotografieren.

Das beste Foto erzählt immer eine Geschichte. Nutzen Sie diese Orte nicht nur für einen Schnappschuss, sondern um Ihre persönliche Interpretation der Frankfurter Architektur festzuhalten.

Jetzt, da Sie die Werkzeuge haben, um die architektonischen Codes Frankfurts zu lesen, ist der nächste Schritt, loszuziehen und Ihre eigene Analyse durchzuführen. Beginnen Sie mit der vorgeschlagenen Architektur-Zeitreise und entdecken Sie die Geschichten, die in den Fassaden der Stadt verborgen sind.

Geschrieben von Martin Weber, Martin Weber ist Diplom-Architekt und zertifizierter Architekturfotograf mit Spezialisierung auf urbane Architektur und Stadtentwicklung, seit 14 Jahren in der Architekturvermittlung und -dokumentation tätig. Er ist Mitglied der Architektenkammer Hessen und arbeitet aktuell als selbständiger Architekt und Stadtfotograf in Frankfurt.